Die Sendung „Big Boss„, die 2004 auf RTL ausgestrahlt wurde, ist eine der bekanntesten Coachingshows. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Sendung, weil sie das Konzept von „The Apprentice“ mit Donald Trump für den deutschen Markt adaptierte. Das Prinzip der Sendung sah vor, dass 12 Bewerber in 11 wöchentlichen Episoden um den Sieg kämpften. Dafür mussten sie in zwei Gruppen verschiedene Aufgaben bewältigen und Qualitäten als kreativer Problemlöser, Teamplayer oder Führungskraft unter Beweis stellen. Am Ende jeder Sendung schickte die Jury einen Teilnehmer nach Hause. Der Satz „Sie haben frei“ sollte dabei als calmunds Catch-Phrase etabliert werden. Als Siegprämie gab es 250.000 EUR Startkapital für eine Existenzgründung oder einen gut bezahlten Job in der Industrie.
Aufmerksamkeit bekam die Sendung auch, weil sie durchaus prominent besetzt war. Fußballmanager Reiner Calmund verkörperte den Big Boss, der mit seinen markanten Sprüchen die Teilnehmer auf Trab hielt. Als Entscheidungsstützen standen ihm die Leiterin der Steigenberger Hotels AG und ein Wirtschaftsjournalist zur Seite. Aufgrund von rückläufigen Quoten unter dem Senderschnitt wurde das Format nach Abschluss der ersten Staffel nicht weiter fortgeführt. Die Siegerin der ersten Staffel machte sich mit einer Viertelmillion Euro selbstständig und gründete eine Veranstaltungsagentur. Produziert wurde die Sendung von GRUNDY Light Entertainment GmbH, die zur UFA Gruppe gehörte.
Big Boss 2004 Episodenliste
Die Sendung feierte ihre Premiere am 26. Oktober 2004 und war entgegen landläufiger Meinung die zweite Adapetion von „The Apprentice“. Mit „Hire or Fire“ hatten ProSieben und John de Mol im gleichen Jahr schon vorgelegt und waren nach der Pilotfolge im Quotenloch verschwunden. Big Boss war erfolgreicher. Für RTL Verhältnisse und den prominenten Sendeplatz am Dienstagabend um 20:15 reichte es aber nicht für eine Fortsetzung und das, obwohl Calli in alle zu der Zeit verfügbaren RTL-Shows eingeladen wurde, um die Werbetrommel zu rühren. Auch die Verschiebung auf 22:15 konnte die Sendung nicht mehr vor dem Aus retten.
Staffel 1 | Erstausstrahlung | ausgeschieden | Zuschauer | Marktanteil (14-49 Jährige) |
Folge 1 | 26. Oktober 2004 | Alex | 3,37 Mio | 15,3 Prozent |
Folge 2 | 02. November 2004 | Jorge | 3,23 Mio | 15,1 Prozent |
Folge 3 | 09. November 2004 | Tomasz | 2,83 Mio | 12,4 Prozent |
Folge 4 | 16. November 2004 | Andrea oder Claudia | unbekannt | unbekannt |
Folge 5 | 23. November 2004 | Andrea oder Claudia | 2,88 Mio | 13,6 Prozent |
Folge 6 | 07. Dezember 2004 | Alexander | unbekannt | unbekannt |
Folge 7 | 14. Dezember 2004 | Natascha | unbekannt | unbekannt |
Folge 8 | 21. Dezember 2004 | Teresa | 2,41 Mio | 11,0 Prozent |
Folge 9 | 28. Dezember 2004 | Sebastian | unbekannt | unbekannt |
Folge 10 | 30. Dezember 2004 | Daniel | 2,36 Mio | 12,8 Prozent |
Finale | 04. Januar 2005 | Sandra | 2,97 Mio | 16,3 Prozent |
In der ersten Episode der dritten Staffel „Kalkofes Mattscheibe“ nahm der Satiriker Oliver Kalkofe die Sendung aufs Korn. Die in der Persiflage gezeigten Ausschnitte sind heute die einzigen frei zugänglichen Ausschnitte aus der damaligen Sendung.
Das Prinzip der Sendung „Big Boss“
Das Konzept der Sendung folgte ziemlich eng dem Vorbild aus den USA. Wie beim Überraschungshit „The Apprentice“ mit dem US-Unternehmer und späteren US-Präsidenten Donald Trump. Sechs Männer und sechs Frauen kämpfen bei „Big Boss“ um die Verwirklichung ihres Karrieretraums. Ausgewählt wurden die Zwölf Medienberichten zufolge aus Tausenden. Neben einem Traumjob in der Industrie gibt es auch die Option von 250.000 Euro für eine Existenzgründung. Jede Woche werden zwei Teams gebildet. Jede Woche muss eine Aufgabe bewältigt werden, die an Herausforderungen aus der Wirtschaft angelehnt ist. Es müssen Events organisiert oder Gewinne erwirtschaftet werden. Schnelles und überlegtes Handeln, Führungsqualität und Teamfähigkeit müssen unter beweis gestellt werden. Am Ende der Folge wird das Gewinner- und das Verliererteam ermittelt. Big Boss Calmund entscheidet dann, wer aus dem Verliererteam die Show verlassen muss. Nicht ohne dass die Teammitglieder vorher noch einmal öffentlich Kritik aneinander üben durften.
Zu den Aufgaben der sieben Wochen gehörten unter anderem:
- Würstchen in der Frankfurter Innenstadt verkaufen (Folge 1)
- Entwicklung einer Kampagne für einen Billigflieger (Folge 2)
- VIP-Loge im Fußballstadion
- Einführung einer neuen Kaffeesorte
- Betreiben von drei Attraktionen im Wiener Prater mit 300 Euro Startkapital
- Modenschau (Folge 6)
- Ausländisches Bier importieren und mit Gewinn an die Gastronomie verkaufen (Folge 7)
- 5.000 Euro Startkapital maximal vermehren (Folge 9)
- Spendensammlung im Zoo (Folge 10)
- Entwicklung einer Geschäftsidee (Finale)
Wer sich in der freien Wirtschaft durchsetzen will, braucht viele Talente. Führungsqualitäten, soziale Kompetenz und Teamgeist sind nur einige davon. Die vielversprechenden jungen Unternehmertalente, die ich aus Hunderten herausgepickt habe, kämpfen in zwei Teams um eine neue Existenz. Der beste von ihnen bekommt das Startkapital für seine eigene Firma: 250.000 Euro. Ich bin der Big Boss. Das ist hier kein Spiel. Das ist das härteste Bewerbungsgespräch der Welt (Reiner Calmund, Vorspann zur Sendung Big Boss)
Die „Big Boss“ Siegerin 2004
Carmen Dohmen, Eventmanagerin
Als große Gewinnerin ging im Finale der ersten Staffel die zum Zeitpunkt der Teilnehme noch 25-jährige Carmen Dohmen (geboren am 24.11.1978) hervor. Die Event-Managerin sicherte sich 250.000 Euro für eine eigene Firma. Dabei schien ihr der Weg zum Erfolg ein bisschen in die Wiege gelegt Zumindest gab es immer schon den Traum der Karriere in der Wirtschaft. Als schülerin träumte sie bereits vom BWL-Studium, welches ihr von DaimlerChrysler finanziert wurde. Dort machte die junge Frau ihre Ausbildung, bevor sie im Alter von 22 Jahren den Konzern verließ, um in die Startup-Welt einzutauchen. Als dieses seine Mitarbeiter entlassen muss, wechselt sie in die Eventmanagement-Branche, organisiert fortan für eine Agentur die Mitarbeiterveranstaltungen von Citibank (heute Targobank).
Da erscheint es auch nur logisch, dass die Event-Expertin ihrer Branche treu blieb. In Köln-Ehrenfeld gründete sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Mario Di Ninni vom Preisgeld aus der Sendung eine Veranstaltungsagentur. Den ersten Auftrag eines Public Viewing Points in Bonn zur Fußball WM 2006 vermittelte der Big Boss Calmund ihr sogar persönlich. Zur Durchführung schluss sich die neugegründete Agentur mit der Designagentur Breitbanddesign zusammen und firmierte unter Zeitsprung Gesellschaft für Kommunikation, später unter Breitbandevent. 2008 öffnete eine Zweitniederlassung in Berlin und heute firmiert das Unternehmen als Rotwild GmbH. Infolge der Hochzeit mit ihrem Lebensgefährten und Geschäftspartner, heißt Carmen Dohmen seit 2012 Carmen Di Ninni.
Die „Big Boss“ Kandidaten
Erfreulich ist die anfängliche Parität der Geschlechter unter den Kandidaten. Schön ist auch, dass es gerade die Frauen waren, die sich gegen das andere Geschlecht klar durchsetzen konnten. Die Männer konnten lediglich die abgeschlagenen Plätze drei und vier belegen. Die Auswahl der Kandidaten brachte dem Format auch einiges an Kritik ein. Für einige Zuschauer waren die Teilnehmer zu stereotypenhaft als „Emporkömmlinge“ und „Business-Schnösel“ gecastet. Besonders die Auswertungs- und Nominierungsrunde, in der die Verlierermannschaft sich gegenseitig die Schuld am Versagen zuweisen musste, machte die Kandidaten in den Augen mancher Beobachter unsympathisch. Dies entspricht jedoch dem Sendungs-Konzept und aufgrund des geringen Alters der Teilnehmer war hier ganz objektiv nicht mit hoher Reflexion und Reife zu rechnen.
Sandra Trögl, BWL-Studentin
Die zweite Finalistin, die ihrer Konkurrentin Carmen Dohmen nur knapp unterlag, war Sandra Trögl. Die zum Zeitpunkt der Teilnahme 22-Jährige war BWL-Studentin an der renommierten European Business School (EBS) und auf der Suche nach einem Praktikum in der Medienlandschaft. Zur Teilnahme wurde sie von ihrer Mutter und dem Prorektor ihrer Business School ermutigt. Auf viele Zuschauer wirkte die Teilnehmerin kühl und bissig, von Calmund aber bekam sie auch viel Lob. Sie selbst sah sich als ehemalige Turnierreiterin definitiv den Grundsätzen der Sportlichkeit verpflichtet. Im Finale gegen Carmen Dohmen reichte das zwar nicht aus, doch das Leben hat es auch mit Sandra Trögl gut gemeint. Die sympathische BWL-Studentin von damals ist heute Inhaberin einer hippen Second-Hand-Boutique in Berlin-Neukölln und Mutter. Unter dem Namen „VEIST – Kleider und ihre Geschichten“ vertreibt sie mit einer Geschäftspartnerin zusammen Designer- und Vintage-Kleidung. Von der Kälte, die ihr während der Sendung oft unterstellt wurde, ist tatsächlich rein gar nichts festzustellen.
Daniel Krämer, Brand & Marketing Manager
Der 27-jährige Daniel Krämer landete in der Sendung auf dem dritten Platz. Insgesamt lieferten die Männer in der Sendung deutlich schlechter ab als die Frauen. Mit seiner Erfahrung als Brandmanager und Marketing-Spezialist konnte Krämer jedoch dazu beitragen, dass die Männer immerhin den dritten Platz errangen. Er selbst musste sich Sandra Trögl und Carmen Dohmen geschlagen geben. Seiner Karriere tat das aber keinen Abbruch. Vom Brandmanager stieg er später zum Marketing Director in verschiedenen Firmen auf und ist heute Geschäftsführer eines Marken-Lizenznehmers für Echtschmuck.
Sebastian Wahl, Student & Investmentberater
Der 23-jährige Sebastian Wahl aus Zürich stellte sich als „Student und Unternehmer“ vor und gab an, mit Unternehmensbeteiligungen Geld zu verdienen. Wie auch Sandra Trögl war er zum Zeitpunkt der Aufzeichnung noch Student. Von der Jury wurde er immer wieder für seine große Klappe attackiert. Er schied innerhalb der Sendung als Viertplatzierter aus. Er soll einige Jahre später zusammen mit seinem Vater Probleme mit der Schweizer Finanzmarktaufsicht bekommen haben. Aus entsprechenden Berichten ist jedoch nicht ersichtlich, ob es sich wirklich um die gleiche Person handelt, die an der Sendung teilgenommen hat, oder nur eine Namensgleichheit vorliegt.
Teresa
Auch Teresa hielt recht lange durch und schied in der achten Folge aus. Die Mitzwanzigerin besaß zum Zeitpunkt der Sendung bereits ein eigenes Unternehmen in der Schweiz. Sie belegte den 5. Platz.
Natascha
Die 31-jährige Natascha galt als eine der Favoritinnen auf den Gesamtsieg, weil sie stets besonnen und professionell agierte. In der siebten Folge wurde ihr allerdings eine Projektleitung zum Verhängnis. Die Aufgabe sah vor, ausländisches Bier zu importieren und mit Gewinn in Köln an die Gastronomie zu verkaufen. Sie überwarf sich jedoch mit dem Importeur und brachte das Projekt beinahe zum Scheitern, was zu einer Reihe weiterer Probleme und dem Verlust der Wochenaufgabe führte. Sie schaffte es knapp in die obere Hälfte des Teilnehmerfeldes und schied sechstplatziert aus.
Alexander Schulz, Rechtsanwalt
Der 30-Jährige Alexander Schulz aus Hamm arbeitete zum Zeitpunkt der Teilnahme an der Sendung als selbstständiger Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei und Steuerbüro. Diese führt er bis heute fort und ist außerdem seit 2012 auch Lehrbeauftragter für internationales Wirtschaftsrecht an der SRH Hochschule für Logistik, Energie und Management Hamm. Als Master of Laws auf den Gebieten des Wirtschafts- und Steuerrechts kennt er sich bestens mit vielen Business-Belangen aus, was ihm auch im Verlauf der Sendung zugute kam. Der Rechtsanwalt war über 9 Jahre lang im Verband „Die Familienunternehmer“ und „Die Jungen Unternehmer“, dessen Bundesvorsitzende Lencke Wischhusen als Löwin in der Höhle der Löwen saß, im Vorstand des Regionalkreis Hamm Ruhr-Lippe engagiert. Alexander schied beim Big Boss im Mittelfeld in Folge sechs aus.
Andrea Wagner, Personalberaterin
Unter den Kandidatinnen war auch die selbstständige Personalberaterin Andrea Wagner, Alumni der European Business School im Jahrgang 1996. Aufgrund ihrer fachlichen Expertise war sie besonders dazu geeignet, soziale Kompetenz und Struktur in die Teams zu bringen. Auch sie schied bereits in der ersten Hälfte der Staffel aus.
Claudia Rudolph, Radiomoderatorin
Als eine der ersten Frauen musste die 29-jährige Claudia Rudolph aus Offenburg, Radiomoderatorin und Herausgeberin des Veranstaltungsmagazins „Paule“, die Sendung verlassen. Dabei hatte gerade sie es auf den Sieg abgesehen. Den Spruch „Dabei sein ist alles“ hasste sie nach eigenen Angaben.
Tomasz
Bereits in der dritten Sendungen schied der streitbare Tomasz aus. Die anderen Kandidaten hatten ihn immer wieder dafür kritisiert, dass er mit seinen Ecken und Kanten bei ihnen anstieß und sich nicht ins Team einfügte. Bei den Zuschauern hatte er durchaus Pluspunkte, weil er als Konfliktschürer den Ton der Sendung anheizte.
Jorge Floriano, Handelsvertreter
Der 29-jährige Jorge Floriano nahm als Handelsvertreter an der Sendung teil und brachte ein entsprechendes Verkaufstalent zumindest theoretisch in die Wochenchallenges ein. Mit seiner Expertise konnte er sich jedoch nicht langfristig gegen die anderen Teilnehmer durchsetzen und schied bereits in der zweiten Folge aus.
Alex, Betriebswirt
Der 28-jährige Betriebswirt Alex (nicht zu verwechseln mit Alexander) ist bereits Geschäftsführer einer Firma für Autoersatzteile in Singapur gewesen. Er schied als erster aus der Sendung aus.
Der Big Boss – Reiner „Calli“ Calmund
Zu Reiner Calmunds Team gehörten als Mit-Juroren die Unternehmerin Bettina Steigenberger von der Steigenberger Hotels AG und der renommierte Wirtschaftsjournalist Roland Tichy, zu jener Zeit Chefredakteur des Magazins „Euro“.