Unter dem Titel „Schmidt & Pocher“ setzte Harald Schmidt seine Late Night Show in den Jahren 2007 bis 2009 fort. Neuer Co-Moderator war Oliver Pocher, den Schmidt Medienberichten zufolge als Ziehsohn und Late-Night-Nachfolger aufbauen wollte. Die Verpflichtung des Flachwitz-Comedians darf auch als Versuch verstanden werden, wieder an jüngere Zuschauersegmente heranzukommen. Die Feuilletons und Senderverantwortlichen zeigten sich mit der Performance Pochers jedoch sehr unzufrieden. Die ARD strahlte die Sendung weiterhin nur unregelmäßig aus, so dass man es in zwei Jahren auf lediglich 43 einstündige Sendungen inklusive Best Ofs brachte. Im April 2009 folgte die vorzeitige Absetzung des Programms durch den Wechsel Oliver Pochers zu Sat.1. Harald Schmidt kehrte danach zu seinem vorherigen Format „Harald Schmidt“ zurück.
Der Ära Pocher fielen vor allem weitere ehemalige Erfolgselemente der „Harald Schmidt Show“ zum Opfer. Der allseits beliebte Sidekick Manuel Andrack wechselte zunächst wieder hinter die Kulissen der Show, schied 2008 aber komplett aus dem Unternehmen aus. Pocher und Schmidt witzelten auf der Bühne immer wieder „Wer ist denn dieser Manuel?“. Auch Nathalie Licard, die es 2005 als neuer permanenter Sidekick in die Show geschafft hatte, musste weichen. Das war das Ende der erfolgreichen Showfamilie, die Schmidt auf Sat.1 stets Quote gebracht hatte. Dafür kehrte Bandleader Helmut Zerlett zurück. Mit Dr. Eckart von Hirschhausen holten sich Schmidt und Pocher weitere prominente Verstärkung. Der humorvolle Arzt präsentierte augenzwinkernd seine Hirschhausen-Akademie. Mit Ralf Kabelka als Dr. Udo Brömme kehrte ein weiteres Urgestein der Schmidt Show zurück. Kabelka fungierte ab 2008 auch als neuer Chefredakteur.
Matze Knop ergänzte als Imitator von Franz Beckenbauer die Pocher-Einspieler aus der „Bayern WG„. Insgesamt war der Sendeablauf immer wieder durch parodistische Einlagen Pochers bestimmt. Er gab den Mentalisten Morta Deller, imitierte Lukas Podolski und Oliver Kahn, gab den Peter Zwegat und dichtete Bruce Darnell den Zwillingsbruder Bernd Darnell an. Daneben spielte Schmidt oft auf Pochers fehlende Bildung an und immer wieder nahmen Gäste das Verhältnis des ungleichen Paares und die schlechten Kritiken auf die Schippe, wenn beispielsweise Angelika Kallwass den Streit um Schmidts Parkplatz schlichtete, Bully sich direkt als Nachfolger Pochers ins Gespräch brachte, oder Günther Jauch gleich am ersten Abend bekannte, von drei neuen ARD-Formaten würden ihm bisher nur zwei gefallen.
Die Dauer der Sendung wurde von zuvor zwei halben Stunden auf einmal eine Stunde am Donnerstag verlängert. Die Anfangszeit verschob sich regelmäßig und jede dritte Woche mussten Schmidt und Pocher dem „Scheibenwischer“ Platz machen. Inhaltlich gingen Pocher und Schmidt verstärkt auf aktuelle Ereignisse ein und hielten sich auch mit Medienkritik an Dschungelcamp, Castingshows und aktuellen Fernsehereignissen wie ARD-Neuzugang Bruce Darnell nicht zurück.
Die Highlights aus Schmidt & Pocher
Bestandteile der Show
Bernd Darnell - So viel Style muss sein
Die Bayern WG
Die Hirschhausen Akademie
Morta Deller: Weltbester Mentalist & Magier
Society-Experte Alexander von Steifenrein
Zum Wiedersehen kam es neben Dr. Udo Brömme auch mit dem Nietzsche-Entchen und Bimmel und Bommel aus Schmidts Sat.1-Zeiten. Trotz aller Kritik trug Oliver Pocher etliche Highlights zum neuen Sendeformat bei. Besondere Sternstunden waren seine Außenmoderationen, seine Selbstironie und seine Imitationen, die für frischen Wind sorgten. Zum Eklat kam es trotz nur 42 Sendungen gleich drei Mal.
Aufregung um das Nazometer
Als Reaktion auf die Kritik an Eva Hermans Äußerungen über Familienwerte, die von den Medien in eine Billigung und Verharmlosung der NS-Familienpolitik umgedeutet worden waren, stellten Pocher und Schmidt bereits in ihrer ersten Sendung das Nazometer vor. Dabei handelte es sich um eine Laterne, an die beide Moderatoren sich anschließen konnten. Das Messgerät schlug dann bei Begriffen wie „Gasherd“, „Autobahn“ oder „Nazis“ aus. Sowohl der Intendant des SWR als auch der Vorsitzende des hr-Rundfunkrates übten harsche Kritik. Das Nazometer kam daraufhin nur noch einmal vor, als Schmidt gezeigt wurde, wie er „Ich gehe mit meiner Laterne“ singend, mit dem Nazometer ums Studio lief. Später wurde nur noch satirisch und indirekt auf die Kritik an der Idee Bezug genommen. Vereinzelt betonten, die beiden Moderatoren, wie gut es wäre, wenn man so etwas wie ein Nazometer hätte.
Der Auftritt von Lady Bitch Ray
Die deutsch-türkische Rapperin Reyhan Şahin alias Lady Bitch Ray sorgte für einen weiteren Eklat. Zwar hatten Schmidt und Pocher bereits in vorangegangenen Sendungen nicht mit Obszönitäten gegeizt, beispielsweise beim Wettbewerb, wer in einer Minute häufiger „Ficken, Fotze, Vagina“ sagen könne. Der Auftritt der kontroversen Skandalrapperin erschien den Sendeverantwortlichen dann jedoch zu pornös. Sowohl die Themen- und Wortwahl als auch das Gastgeschenk überforderte die Prüderie des Öffentlich-Rechtlichen Fernsehens. Für die beiden Gastgeber hatte Lady Bitch Ray kleine Ampullen mitgebracht, in denen sie angeblich ihr Vaginalsekret abgefüllt habe. Der MDR, EinsFestival und der Bayrische Rundfunk warfen daraufhin die Wiederholung der Sendung aus dem Programm und zeigten eine andere Schmidt & Pocher Folge. Der SWR versah die Sendung mit einem vorgeschalteten Hinweis, sie sei für Zuschauer unter 18 Jahren nicht geeignet.
Besonders MDR-Intendant Udo Reiter und ARD-Programmdirektor Günter Struve zeigten wenig Verständnis für die Grenzüberschreitung. Der Auftritt kann dabei getrost als satirische Überhöhung verbucht werden, mit der Moderatoren und Gast die Grenzen des mit Gebührengeldern finanzierten Öffentlich-Rechtlichen Fernsehens auszuloten versuchten. Die Figur der Lady Bitch Ray mit ihren pornografischen Texten und ihrem Label Vagina Style Records ist dabei schon in sich eine Mediensatire. Reyhan Şahin, die bewusst mit der Frauenrolle und den Grenzen des Akzeptablen und Geschmackvollen als Gegenentwurf zum gesellschaftlich akzeptierten männlichen Chauvi-Rap spielt, hat im echten Leben mittlerweile einen Doktortitel und setzt sich ernsthaft mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft auseinander. Lautete das Thema ihrer Magisterarbeit noch „Jugendsprache anhand der Darstellung der Jugendkultur Hip-Hop“, promovierte sie 2012 zu dem Thema „Die Bedeutung des muslimischen Kopftuchs in Deutschland“ und erlangte damit den zweiten Platz beim Deutschen Studienpreis 2013.
Die letzte Sendung
Einen Medienskandal witterten Zuschauer und Presse auch bei der letzten regulären Sendung „Schmidt & Pocher“ vom 2. März 2009. Grund war die vorgenommene Kürzung der Show. Oliver Pocher hatte sich Medienberichten zufolge während der Sendung in einem Monolog über ARD-Programmchef Volker Herres ausgelassen. Diesen habe er via Telefon darüber in Kenntnis gesetzt, dass er zu Sat.1 wechseln werde. Blamabel für Herres, der noch wenige Stunden zuvor in einem Interview über den Verbleib Pochers in der ARD gesprochen hatte. Wie durch einen Zufall kam dieser dann Pocher bei der Verkündung des Weggangs um zwei Stunden zuvor. Der WDR bestätigte zwar die Kürzung, mit Volker Herres sei diese jedoch nicht abgestimmt gewesen. Auch Harald Schmidt äußerte sich versöhnlich. Die Anekdote habe es wegen Überlänge der Aufzeichnung nicht in die Schnittfassung geschafft.
Kritik gab es auch an der „Nazi“-Inszenierung der letzten Studio-Sendung. Einige Medien sahen darin eine Provokation, um Aufmerksamkeit zu generieren. Tatsächlich handelte es sich bei dem Ballet jedoch um eine Nummer aus dem mit 12 Tony-Awards ausgezeicheten Musical „The Producers“, das auf dem satirischen Kultfilm „Frühling für Hitler“ (Alternativtitel: „Total verrückter Broadway“) von Mel Brooks aus dem Jahr 1968. Der Film gilt neben „Der große Diktator“ von Charlie Chaplin bei Kritikern und Rezensenten als eine der gelungensten Komödien über den Nationalsozialismus. Mit „Spamalot“, dem englischen Titel von „Die Ritter der Kokosnuss“, war einige Sendungen zuvor bereits ein anderes Musical zu Gast, das eine Komödie als Musical auf die Bühne brachte.
Nach „Schmidt & Pocher“
Oliver Pocher ging nach dem Ende von Schmidt & Pocher mit einer eigenen kurzlebigen Late Night Show („Die Oliver Pocher Show“) zu Sat.1. Harald Schmidt kehrte zum Vorgängerformat „Harald Schmidt“ zurück, musste fortan aber auf Manuel Andrack verzichten und das Konzept der Sendung noch weiter umbauen.
Die Oliver Pocher Show: Pocher ohne Schmidt
Schmidt & Pocher – Episodenliste
Episode | Datum | Gäste & Themen |
0001 | 25.10.2007 | Günther Jauch, Promi-Pilgern, Morgenmagazin |
0002 | 01.11.2007 | Michael „Bulli“ Herbig, Harald rät den Babybrei, Raus aus den Schulden |
0003 | 08.11.2007 | Bastian Pastewka, Sitzordnung Bundespresseball, European Tanning Award |
0004 | 15.11.2007 | Sabrina Setlur, Wo ist Harald?, Wie fanden Sie die Sendung? |
0005 | 06.12.2007 | Olli Dittrich, Alicia Keys, Ollis Welpen |
0006 | 13.12.2007 | Anke Engelke, Fangesänge, Backstreet Boys |
0007 | 20.12.2007 | Barbara Schöneberger, Till Brönner, Unser Wichteln |
0008 | 24.01.2008 | Niels Ruf, Bohlen-DAX, Dschungelprüfung |
0009 | 31.01.2008 | Uri Geller, Heute keine Hektik, Morta Deller ist The Next Uri Geller |
0010 | 07.02.2008 | Frank Plasberg, Die Bayern-WG in Wien |
0011 | 14.02.2008 | Bata Illic & Eike Immel, Integration oder Assimilation, Fit in den Frühling |
0012 | 28.02.2008 | Götz Alsmann, Dr. Brömme ist zurück, Morta Deller in New York |
0013 | 06.03.2008 | Jürgen Vogel, Olli beim Grandprix-Vorentscheid, Bernd Darnell |
0014 | 13.03.2008 | Angelika Kallwass, Politiker-Haustüren, Weg mit den Fernsehsendungen |
0015 | 03.04.2008 | Katharina Saalfrank, Schuldnerberatung für Franjo, Haralds Auto |
0016 | 10.04.2008 | Jürgen Domian, Neue Sendungen für Verona, Harald und Olli begrüßen Zuschauer |
0017 | 24.04.2008 | Lady Bitch Ray, Maria Mena, Helmut bei der Romy-Verleihung |
0018 | 01.05.2008 | Inka Bause, Olli liest Catull, GEZ ist geil |
0019 | 08.05.2008 | Peter Zwegat, Ralf Schumacher, Bruce trifft Bernd, Klinsis Leben |
0020 | 22.05.2008 | Charlotte Roche, Armut in Deutschland, Oliver Kahn |
0021 | 29.05.2008 | Sarah Kuttner, Eurovision Show Contest, Reanimationshilfe |
0022 | 05.06.2008 | Best Of der ersten Staffel |
0023 | 09.10.2008 | Thomas Gottschalk, Preis der beleidigten Zuschauer, Anruf bei Günther Jauch |
0024 | 16.10.2008 | Helge Schneider, Rene Marik, Ist das Fernsehen wirklich so schlecht |
0025 | 23.10.2008 | Atze Schröder, Reich-Ranickis Vorschläge, Olli auf der Millionärsmesse |
0026 | 30.10.2008 | Gülcan Kamps, Matthias Egersdörfer, Gary Moore |
0027 | 06.11.2008 | Bushido, Carolin Kebekus, Harry am Band |
0028 | 04.12.2008 | Jörg Wontorra & Udo Lattek, Polarkreis 18, Supertalente |
0029 | 11.12.2008 | Michael Mittermeyer, Christian Ehring, Abschied von der Glühbirne |
0030 | 18.12.2008 | Verona Poth, Martin Stadtfeld, Stermann & Grissemann |
0031 | 08.01.2009 | Katharina Wagner, Emmanuel Peterfalvi, Gastvortrag Russisches Gas |
0032 | 15.01.2009 | Ina Müller, Dschungelcamp, Harald liest Edgar Allan Poe |
0033 | 22.01.2009 | Sven Lorig, Florian Schroeder, Olli auf der Bootsmesse „BOOT“ |
0034 | 29.01.2009 | Alfred Biolek, Spamalot, Eine Flasche Blumenkohl, Deutschlands Superpoeten |
0035 | 05.02.2009 | Katarina Witt, Nessi Tausendschön, Süßwarenmesse |
0036 | 12.02.2009 | Ranga Yogeshwar, Stephan Bauer, Helmut beim Orden wider den tierischen Ernst |
0037 | 19.02.2009 | maschek, Mike Krüger, Freiherr zu Guttenberg Memory |
0038 | 05.03.2009 | Hugo Egon Balder, Fabien Kachev, Olli on Ice, Speeddating |
0039 | 19.03.2009 | Die Ludolfs, Michael Sens, Finanzkrisen-Kasperletheater |
0040 | 26.03.2009 | Rick Kavanian, Dittmar Bachmann, Weg mit den Tauben |
0041 | 02.04.2009 | Ingolf Lück, The Producers, Ollis neue Show |
0042 | 09.04.2009 | Best Of der zweiten Staffel |
0043 | 16.04.2009 | Das letzte Mahl |