Büsingen gehört zum Landkreis Konstanz in Baden-Würtemberg und zählt 1.352 Einwohner (Stand 12/2013). Das sind 1.352 Menschen, die von der Nutzung des Chat- und Videotelefonie-Dienstes Skype seit dem 1.1.2015 explizit in den AGB ausgeschlossen sind. Wieso aber schließt der Microsoft Dienst einfach so eine ganze Ortschaft von der Nutzung aus?
Deutsche Enklave auf Schweizer Gebiet
Der Grund ist: Büsingen am Hochrhein gehört zu Deutschland, ist jedoch vom Staaatsgebietes der Schweiz komplett umschlossen. Ein Vertrag von 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz regelt die Kompetenzen beider Staaten innerhalb der Enklave. Daher gibt es in Büsingen heute sehr viele kuriose Besonderheiten. So ist der Euro die offizielle Währung, in der beispielsweise auch Renten ausgezahlt werden. Zahlungsmittel sind aber in aller Regel Schweizer Franken. Die Stadt hat zwei Postleitzahlen, deutsche und Schweizer Polizisten mit unterschiedlichen Kompetenzbereichen und ein kompliziertes Zoll- und Steuersystem.
Die Einkommensteuer der Büsinger muss ans deutsche Finanzamt abgeführt werden. Da die deutsche Steuerbelastung jedoch höher ist, die Büsinger zugleich aber die höheren Schweizer Lebenshaltungskosten schultern müssen, gibt es einen Freibetrag, der die Steuerbenachteiligung mindern soll. Zollrechtlich liegt Büsingen nicht im Zollgebiet der Eutopäischen Union und somit gelten die gleichen Einreiseregelungen wie aus einem Nicht-EU-Land in die EU mit Freigrenzen unter anderem für Tabakwaren, alkoholische Getränke, Kraftstoffe und andere Waren.
Komplizierte MwSt-Regelung
Büsingen ist dafür jedoch laut EU-Recht gemäß Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem von der Mehrwertsteuer befreit. Erhoben wird jedoch die Schweizer Mehrwertsteuer von derzeit 8 Prozent Normsatz. Dieses steuerliche Durcheinander und insbesondere die Mehrwertsteuerbefreiung war dem Instant Messenger von Mircrosoft wohl irgendwann zu viel und somit schloss Skype die deutsche Enklave via AGB schlichtweg von der Nutzung aus. Bei Skype liest sich das wie folgt:
Alle Preise für bezahlte Produkte beinhalten anwendbare Steuern, inklusive MwSt., sofern nicht anders angegeben. Sie verzichten ausdrücklich auf Ihr Recht auf eine Mehrwertsteuerrückerstattung von Skype, sollte der letztendlich von Skype an die Steuerbehörden zu entrichtende Betrag aus welchen Gründen auch immer niedriger ausfallen als der von Ihnen einbehaltene Mehrwertsteuerbetrag. Büsingen ist gemäß Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem von der Mehrwertsteuer befreit. Da die Skype-Website Nutzern in diesem Gebiet die Inanspruchnahme dieser Mehrwertsteuerbefreiung nicht ermöglicht, werden die Produkte in diesem Gebiet nicht angeboten.
(Quelle: Skype Nutzungsbedingungen, Abruf: 28.03.2015)
Reportagen über Büsingen
https://www.youtube.com/watch?v=Q-Z7MoNQP_o
https://www.youtube.com/watch?v=CEBS9CqeZlA
Eine eigene Zeitzone
Im EDV-Bereich geht Büsingen ohnehin schon lange eigene Wege. Als 1980 in Deutschland die Sommerzeit wieder eingeführt wurde, richtete sich Büsingen nach der Schweiz, wo diese Umstellung erst ein Jahr später erfolgte. Obwohl die Abweichung von der deutschen Zeit einmalig war, wird Büsingen seither in den meisten Zeitzonen-Datenbanken seither als eigene Zeitzone geführt.
MwSt-Befreiung? Nicht mit Skype!
Auch andere Regionen schloss Skype aufgrund von Mehrwertsteuer-Sonderregelungen von der Nutzung aus. Darunter Helgoland, die Kanarischen Inseln, sowie: Athos, Französische Überseedepartements, Åland-Inseln, Kanalinseln, Ceuta, Melilla, Livigno, Campione d’Italia und der zu Italien gehörende Teil des Luganer Sees.
Titelbild: By Prekario [Public domain], via Wikimedia Commons